Warum Datenreiserecht?

1984 beschreibt nicht nur das ikonische, von George Orwell 1948 dystopisch prognostizierte Jahr, in dem die Bevölkerung von Ozeanien über Teleschirme von einer Gedankenpolizei totalüberwacht wird. Im selben Jahr erscheint der Roman „Neuromancer“ von William Gibson. Der Begriff „Cyberspace“ ist geboren (für Fans: erstmals auf Seite 7). Ein neuer Raum ist erschlossen. Zunächst nur begrifflich, dann tatsächlich. Anfangs sind „Datenreisen“ nach oder in (?) den „Cyberspace“ mittels „Datenfernübertragung“ (DFÜ) das Privileg der Wenigen, Mitte der 90er Jahre wird „Compuserve“ der kommerzielle Onlinedienst der Vielen.

Am 8.2.1996 erklärt John Perry Barlow den Cyberspace für unabhängig, doch die Zukunft zeigt: er wird es nicht sein. Zwanzig Jahre später sind die Welten ad unum verschmolzen und Begriffe vergessen. Datenreisende gibt es nicht mehr, denn die Informationsgesellschaft ist. Always-on. Die Existenz eines neben der (naturphilosophischen) Physis bestehenden „Cyberraums“ findet sich (begrifflich) prominent nur noch in der Nomenklatur von Militärstrategen.

Und das Recht? Macht sich nicht einmal die Mühe, wenigstens semantisch die Anschlussfähigkeit an eine rasende technische Entwicklung vorzugaukeln. Im Jahr 2019 bildet das „Telemediengesetz“ noch immer den Nukleus des deutschen Internetrechts. Man ist fast überrascht, in den Vorschriften nicht irgendwo doch noch eine „Datenreise“ (oder Teleschirme?) zu finden.

Tldr: Datenreiserecht ist ein pathologischer Befund. Es geht um Recht (und Ethik) in der und für die so genannte Informationsgesellschaft.